Wegen des derzeit niedrigen Zinsniveaus für Hypothekendarlehen interessieren sich immer mehr Verbraucher in Deutschland für den Kauf eines Eigenheims. Funktioniert das auch, ohne dass Erspartes vorhanden ist? Mit diesem Ratgeber schildern wir, wie es auch ohne Eigenkapital möglich ist, Eigentum zu erwerben und weisen auf die Risiken hin.
Finanzierung zu 100 Prozent des Immobilien Kaufpreises und mehr möglich
Mittlerweile gibt es einige Banken, die eine Finanzierung von bis zu 100 Prozent des Immobilien-Kaufpreises anbieten. Voraussetzung: ein stabiles, ausreichend hohes Einkommen. Die Angebote gibt es nicht nur bei Direktbanken, sondern auch bei großen Filialbanken, Sparkassen und Volksbanken. Allerdings fallen neben dem Kaufpreis für die Immobilie noch viele weitere Nebenkosten an:
- Notar
- Grundbucheintragung
- Grunderwerbsteuer
- unter Umständen Kosten für den Makler
Je nach Bundesland können diese Nebenkosten zehn Prozent und mehr des Kaufpreises ausmachen. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass selbst bei einer Vollfinanzierung (100 Prozent des Kaufpreises) die Nebenkosten mit Eigenkapital bezahlt werden müssen. Aus diesem Grund gehen einige Banken noch weiter und bieten Hypothekendarlehen von über 100 Prozent des Kaufpreises an. In solch einem Fall muss die Immobilie besonders werthaltig sein und eine sehr stabile Einkommenssituation vorliegen. Dieses erhöhte Risiko lassen sich die Banken bezahlen, denn dafür werden erhebliche Zinsaufschläge fällig.
Tipp: Wir von der ImmVest GmbH empfehlen die Verwendung eines Zinsrechners für eine Vollfinanzierung. So sehen Interessenten auf einen Blick, wie sich der Zinsunterschied bemerkbar macht.
Risiken nicht unterschätzen!
Verbraucherschützer warnen vor dem Abschluss einer Immobilien Vollfinanzierung ohne Eigenkapital. Auch wir teilen viele dieser Bedenken, da dieser Schritt schnell existenzbedrohend werden kann. Daher lautet unser Rat: bevor Sie sich für eine Vollfinanzierung einer Immobilie entscheiden, sollten Sie die folgenden Risiken bedenken:
Arbeitslosigkeit
– die Arbeitslosigkeit kann Ihre finanzielle Planung dramatisch verändern. Überlegen Sie daher zunächst, wie sicher Ihr Job ist. Selbst wenn der Arbeitgeber derzeit von der Finanzkrise nicht betroffen ist, kann dies in Zukunft doch der Fall sein. Sollte Ihr gegenwärtiger Arbeitgeber Entlassungen aussprechen: wie gut stehen dabei Ihre eigenen Chancen? Würden Sie schnell wieder einen neuen Arbeitsplatz finden? Gäbe es Familienmitglieder oder Bekannte, die im Fall von finanziellen Problemen kurzfristig bei der Ratenzahlung aushelfen könnten?
Wert der Immobilie
– in Zeiten von Niedrigzinsen entscheiden sich auch immer mehr Anleger dazu, ihr Geld anstatt in Aktien in Immobilien zu investieren. Das vermehrt das Interesse am Immobilienmarkt und auch ausländische Investoren werden angelockt, wodurch die Preise steigen. Vergleichen Sie daher die Preise und kaufen Sie nicht zu Höchstpreisen. Ihr Ziel sollte es sein, dass Ihre voll finanzierte Immobilie in den kommenden Jahren eine Wertsteigerung erfährt. Schauen Sie sich daher auch die umliegenden Gebäude an. Gibt es Leerstände? Nehmen Sie Einblick in die Bebauungspläne und versuchen Sie künftige Bauvorhaben in Erfahrung zu bringen. Denn ein in der Nähe geplantes Industriegebiet trägt beispielsweise nicht zur Wertsteigerung Ihrer eigenen Immobilie bei, eine größere Ansiedlung mit Einfamilienhäusern oder Mehrfamilienhäusern dagegen jedoch schon.
Kündigungsmöglichkeiten der Bank
– gemäß dem § 490 BGB hat der Darlehensgeber nicht nur einen Anspruch auf Zusatzsicherheiten, sondern er darf Ihr Darlehen sogar fristlos kündigen, wenn beim Wert der für den Kredit gestellten Sicherheit eine deutliche Verschlechterung eintritt oder auch nur einzutreten droht. Das Gleiche gilt auch dann, wenn sich die Vermögensverhältnisse des Kreditnehmers verschlechtern. Können Sie die Raten nicht mehr bedienen wegen Arbeitslosigkeit oder Berufsunfähigkeit, wird die Bank eine Zwangsversteigerung anstreben, um ihre offenen Forderungen zu bedienen. In der Regel werden dabei aber Erlöse erzielt, die deutlich unter dem Marktwert liegen. Das führt dann dazu, dass auch die Einnahmen aus dieser Zwangsversteigerung nicht dafür ausreichen, um die gesamte Forderung des Kreditinstituts zu begleichen. Da Darlehensnehmer immer mit ihrem Privatvermögen haften, wird somit die Bank den Restbetrag von Ihnen privat einfordern. Sind keine weiteren Mittel mehr vorhanden, führt dies in die Privatinsolvenz.
Wertverlust der Immobilie
– selbst dann, wenn Sie Ihre Raten regelmäßig zahlen, die Immobilie aber einen Wertverlust erlitten hat, kann die Bank das Darlehen kündigen. Denn Kreditinstitute sind dazu verpflichtet, die Sicherheiten ihrer Kredite laufend neu zu bewerten. Sinkt dann der Immobilienwert im Vergleich zur Darlehenshöhe, steigt für die Bank das Risiko. Um sich genau gegen dieses Risiko abzusichern, enthält der Darlehensvertrag in der Regel Klauseln, die es der Bank erlauben, weitere Sicherheiten anzufordern. Ist dann kein weiteres Vermögen vorhanden, kann auch hier die Bank eine Zwangsvollstreckung veranlassen.
Welche Voraussetzungen müssen für eine Vollfinanzierung von Immobilien erfüllt sein?
Neben einer positiven Bonität, welche die SCHUFA bestätigt, müssen noch einige weitere Voraussetzungen erfüllt sein, damit eine Vollfinanzierung für Immobilien gewährt wird. Dazu gehört unter anderem ein regelmäßiges Einkommen, welches auch langfristig gegeben ist. Das bedeutet zum Beispiel, dass der Arbeitsvertrag nicht befristet sein darf und dass bereits eine langjährige Anstellung vorliegt. Überlegen Sie zudem, welche Sicherheiten Sie zusätzlich noch anbieten können. Liegt beispielsweise eine Lebensversicherung vor?
Außerdem ist eine Haushaltsrechnung erforderlich, in denen Sie die monatlich laufenden Kosten den Einnahmen gegenüberstellen. Anhand dieser Rechnung kann der Kreditgeber beurteilen, ob für die Ratenzahlung genügend Spielraum vorhanden ist. Die Chancen steigen ebenfalls, wenn jemand in Ihrer Familie bereits ein unbelastetes Haus besitzt, welches der Bank als zusätzliche Sicherheit dienen kann. Auch Bürgschaften sind weitere Sicherheiten.
Fazit:
Eine Vollfinanzierung von Immobilien ist nur dann empfehlenswert, wenn der Kreditnehmer über ein sicheres und ausreichend hohes Einkommen verfügt. Nur so können die wegen des Risikoaufschlags höheren Zinsen sowie die monatliche Tilgung gestemmt werden. Wer sich noch in der Probezeit befindet, einen befristeten Vertrag hat oder in einem Unternehmen beschäftigt ist, welches finanziell nicht gut dasteht, sollte solch eine Finanzierung nicht eingehen. Selbst Doppelverdiener müssen einrechnen, dass jederzeit ein Gehalt wegfallen kann, beispielsweise durch Unfall, Krankheit oder Schwangerschaft.